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Martina Pacar
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08. Dezember 2020 | HFW Luzern

«Der Umgang mit dem Reisen wird sich verändern»

Der Zukunftsforscher Mischa Stähli kennt sich mit der Mobilität von morgen aus. Und er macht sich Gedanken darüber, wie unsere Welt nach Corona aussehen wird. Am 11. Dezember bestreitet er das Modul "World of Tomorrow" mit Studierenden der HFW Luzern und wagt einen Blick in die Zukunft.

Mischa Stähli, massive Pflöcke der Mobilität im Tourismus sind Flugzeuge und Kreuzfahrtschiffe. Werden sie aussterben?

Das glaube ich nicht. Aber der Umgang damit wird sich verändern. Ich hoffe schon, dass das Umweltbewusstsein zunehmen wird, dass man weniger sorglos wird. Ich denke, dass man in Zukunft vielleicht nur noch eine bis zwei Reisen pro Jahr macht statt wie bisher vier, fünf oder sogar noch mehr. Dann hat man auch das Geld dafür, ein Angebot zu wählen, welches vielleicht teurer ist, das dafür aber mehr Wert legt auf Nachhaltigkeits- und Umweltaspekte.

 

Am BZLU machen viele Leute gerade ein Studium für eine Zukunft, die reichlich ungewiss ist. Was muss Bildung für morgen leisten, damit sie zukunftstauglich ist?

Die Bildung von morgen muss sich grundlegend verändern, vor allem auch auf Primar- und Sekundarstufe. Wir müssen uns fragen, was wirklich wichtig ist für ein erfolgreiches und glückliches Leben. Kritisches und unternehmerisches Denken, Kreativität, Mensch-Maschinen-Interaktion, Adaption an immer schnellere Veränderungen, Verständnis digitaler Technologien und insbesondere auch Künstlicher Intelligenz sind sicher zentrale Fähigkeiten für zukünftigen Erfolg. Die Skill Nummer eins ist meines Erachtens Meditation - das Verständnis und die Kontrolle unseres Minds, unserer Gedanken und Wissen darüber, wie wir funktionieren - und das daraus resultierende Mindset. Als Member des Advisory Boards von Arrowz, der Zukunftsschmiede, entwerfen wir die Schule der Zukunft und da schauen wir, welche Fähigkeiten wir den Schülern in Zukunft mit auf den Weg geben wollen, welche Skills eher obsolet sind oder mit grosser Wahrscheinlichkeit an Maschinen ausgelagert werden.

Was hast Du herausgefunden?

Ich glaube, dass man bei sich selber anfangen muss. Man muss sich selber kennen, sich verstehen. Man lernt zu verstehen, dass das Leben einem nicht geschieht, sondern dass das Leben durch einen geschieht. Wichtig ist auch zu begreifen, was Emotionen sind, wie sie auf unser Leben und Handeln wirken und wie man lernt, mit ihnen umzugehen und zu kontrollieren. Ich habe gelernt zu verstehen, dass ich alleine darüber entscheide, welche Story ich mir erzähle, welche Glaubenssätze ich habe und welches Mindset ich habe. Und dadurch hat sich mein Leben grundlegend verändert.

 

Wie geht man das an?

Für mich persönlich sind Meditations- und Mindfulness Praktiken elementar. Gerade im Moment wird ja ein Klima von Angst und Panik verbreitet – nicht nur vor Corona, sondern auch vor vielen anderen Dingen. Klar: Angst, Panik, Sensationalismus und Negativität generieren den Medien Aufmerksamkeit und Klicks, doch eigentlich schadet das einer Gesellschaft enorm, denn dadurch leben wir in einem Klima permanenter Unsicherheit und Verunsicherung und können dadurch unsere unendlichen Potenziale nicht oder nur erschwert verwirklichen. Denn: Welche von den globalen Panik-Nachrichten betreffen uns wirklich? Wenn wir ehrlich sind: nur die Allerwenigsten. Diese Erkenntnis machte mich resilienter, stabiler und ich habe gelernt, auf mich, mein Umfeld, meine Liebsten zu schauen und das zu gestalten, was ich wirklich beeinflussen kann und was mich wirklich auch tangiert. Ich konsumiere seit längerem keine Massenmedien mehr, was mein Leben extrem positiv verändert hat.

Welches sind Deiner Meinung nach die wichtigsten Attribute, die wir für die Zukunft brauchen?

Wir müssen resilient sein, unter anderem mit Meditation ein growth Mindset entwickeln und vor allem kritisch denken und hinterfragen. Aber ich finde auch Authentizität wichtig: sei, wer du wirklich bist, und spiele nichts vor! Denn das macht dich glücklicher und zufriedener und deine Beziehungen werden ehrlicher und stabiler.

Zudem müssen wir lernen, wie zum Beispiel die Geschäftsmodelle der Internetgiganten funktionieren. Je länger desto mehr bekommen wir eine individuelle, hyperpersonalisierte Realität vorgesetzt, wenn wir digital unterwegs sind. Wir müssen lernen, damit umzugehen. Was wir online sehen, ist nur eine Realität, welche konstruiert wird, um uns - vor allem - zum Konsumieren zu bewegen. Darüber müssen wir uns im Klaren sein.

 

Kannst Du sagen, welches Deiner Meinung nach die Top 3 der Skills sind, die junge Menschen mitbringen sollten?

Wie bereits erwähnt: Meditation und ein growth Mindest - ein ruhiger, bewusster Mind ist resilienter, optimistischer und man geht selbstverständlich mit Veränderungen um und lernt, kritisch zu denken und zu hinterfrage und lernt, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint. Zweitens Tec-Skills - Verständnis, Interaktion und Zusammenarbeit mit Technologie wird in Zukunft noch mehr zur Norm. Als dritten, enorm wichtigen Skill: Lerne, selbst einen Garten nachhaltig  zu bewirtschaften, sei es ein Permakulturgarten oder ein Bio-Garten. Der Kontakt mit der Natur ist wichtig, macht zufrieden und glücklich, erdet einen und man hat gesundes Gemüse und vitaminreiche Früchte. Was will man mehr? (lacht).

 

Gibt es Prognosen, mit denen Du aneckst?

Klar, die gibt es.

 

Kannst Du ein Beispiel machen?

Wenn ich das headline-mässig formulieren müsste, würde ich sagen: Corona bindet den Menschen an die Maschine. Wir machen dieses Interview hier zum Beispiel über Teams von Microsoft. Ohne digitale Kanäle gibt es momentan fast keine Kommunikation mehr. Ich glaube, im Moment findet das statt, was wir schon lange kommen sehen und bis an einen Punkt auch fürchten: Die Maschinen übernehmen. Natürlich kann oder muss man sich jetzt fragen, wer davon profitiert.

Wer sind die Gewinner?

Vor allem die riesigen chinesischen und amerikanischen Tech-Konzerne. Die Verlierer sind die KMUs, alle, die von direkter, menschlicher Interaktion leben: Restaurants, Musikclubs, Bars, Weihnachtsmärkte, das Lädeli an der Ecke. Man sieht die Ausdünnung jetzt schon. Aber wenn es noch eine dritte, eine vierte Corona-Welle gibt, sind die allermeisten leider unwiederbringlich weg. Und wie so oft werden wir erst dann realisieren, was wir verloren haben und wie sehr wir es geschätzt haben, wenn es nicht mehr da ist.

 

Das bedeutet?

Dass alles in den digitalen Raum wandert, und somit überwach- und kontrollierbar wird. Und dass wir nichts mehr tun können, was nicht irgendwo digital erfasst ist.

 

Wollen wir das denn?

Ich befürchte, wir haben momentan bis zu einem gewissen Grad gar keine wirkliche Alternative. Zumindest nicht, wenn wir aktiv an dieser Gesellschaft und am herkömmlichen Berufsleben teilhaben möchten. Der Übergang kam schleichend und doch schnell und ist nun fast unausweichlich. Ich denke jedoch, dass es im Grossen und Ganzen für die Weiterentwicklung der Menschheit alles andere als positiv ist, wenn wir mehrheitlich in digitalen Realitäten leben, welche von ein paar ganz wenigen, enorm mächtigen und vor allem monopolistischen Internetkonzernen konstruiert werden. Denn: Sie bestimmen, was du siehst, liest, hörst, kaufst und demzufolge zwangsläufig auch was du denkst. Und damit schlussendlich, wer du bist. Wollen wir das? Ich denke, das muss jede und jeder für sich selbst entscheiden. Ich bin überzeugt, dass es immer Mittel und Wege gibt, sein Leben so zu gestalten, dass man die Abhängigkeiten von digitalen Technologien auf ein Minimum - welches jeder für sich selbst bestimmen muss - reduzieren kann. Man muss es nur wollen. Und natürlich dann umsetzen.

 

Fotos: BZLU / Roman Beer www.romanbeer.ch 

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